Montag, 31. Mai 2010

Schlaflos in Wiesbaden

Sehen Sie meine leicht geröteten Augen? Nein, sehen Sie natürlich nicht – Sie lesen ja diese Kolumne. Nun, ich hatte ja bereits vor einigen Wochen über die unterbrochenen Nächte geschrieben, hier ist die Fortsetzung.
Mit dem Schlafverhalten unserer Frida ist es wie mit den derzeitigen Aktienwerten an der Frankfurter Börse: Der reinste Zickzack-Kurs. Nachdem wir einige Wochen durchaus ruhige Nächte verbringen durften, befinden wir uns momentan in der Bauchweh-Zeit.
Diese Phase ist sicherlich vielen Eltern bekannt und wir wollen uns auch nicht beschweren, schließlich war Frida die ersten Wochen davon nicht betroffen. Aber inzwischen klappt das mit der Verdauung nicht mehr so gut und damit sinken die Schlaf-Kurse.
Was also tun, wenn sich unser kleines Würmchen vor Schmerzen krümmt? Das, was alle tun, getan haben und tun werden: Raus aus der Wiege und rein in den Fliegergriff. Damit wird es meist schlagartig besser, die kleine Maus beruhigt sich und sieht etwas entspannter aus.
Einziges Problem: Es ist da mal 3.30 Uhr nachts oder auch 5.00 Uhr morgens. Die müden Eltern tigern durch das Wohnzimmer und stellen sich Fragen über Gott und die Welt: Sind wir eher im Glück, weil wir viele Wochen Ruhe hatten oder eher im Pech, weil uns die grimmigen Frida-Flatulenzen doch noch erreicht haben? Ist es nicht ungerecht, dass wir hier in der Mitte der Nacht durch die Wohnung wackeln, obwohl doch angeblich nur Jungen von den berüchtigten Dreimonatskoliken heimgesucht werden?
Das Schlimmste aber scheint uns beiden das Nichtstun. Kann man oder frau am Nachmittag noch geistlose Sendungen im Privatfernsehen verfolgen, wenn es um nichts anderes als um die schaukelnden Bewegungen geht, so ist das nachts schon schwieriger. Denn erstens laufen nur Wiederholungen und zweitens soll Frida ja bald wieder einschlafen, eine bunt-laute Fernsehkulisse erscheint um halb vier dafür nicht gerade optimal.
Was also tun? Die Buchrücken im Regal habe ich bereits im Großhirn abgespeichert, die Autokennzeichen auf der Straße auswendig gelernt und die dazu passenden Automarken memoriert. Händeringend suche ich den Bürgersteig nach Nachtschwärmern ab, die etwas Abwechslung in mein schuckelndes Dasein bringen. Aber um vier Uhr ist das in unserer Straße wenig erfolgreich. Und ab sechs Uhr morgens ist zwar das Radio durchaus zu empfehlen, aber das Nachtprogramm?
Es bleibt also nichts anderes übrig, als sich voll auf Frida zu konzentrieren. Und irgendwie ist das ja auch der Sinn der Sache. Obwohl, vielleicht sollte ich doch mal den MP-3-Player...? Die Fragen nehmen mit dem Kindesalter nicht ab.

(WT, 21.5.2010)

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