Montag, 31. Mai 2010

Die kleine Raupe Nimmersatt

Dem ein oder der anderen wird das wunderschöne Bilderbuch von Eric Carle: "Die kleine Raupe Nimmersatt" ein Begriff sein. Frisch aus dem Ei geschlüpft macht sich eine kleine, wenig ansehnliche Raupe, auf den Weg, um Futter zu suchen.
Nicht nur, dass sie sich täglich durch raupenspezifisches Obst und Gemüse frisst, nein am Samstag nimmt sie alles mit, was geht: Eis, Schokolade, Wurst, Kuchen und andere Leckereien. Schließlich ist sie nicht mehr hungrig und auch nicht mehr klein und schlüpft zu einem wunderschönen Schmetterling.
Natürlich steht außer Frage, dass - da bereits geschlüpft - unsere kleine Frida in jedem Fall schon ein wunderschöner Schmetterling ist. Aber ansonsten gleicht sie der kleinen Raupe Nimemrsatt im Essverhalten doch ziemlich. Unterstützt wird sie dabei von den Thesen der modernen Pädagogik.
In den technikgläubigen 70er Jahren wurde wenig gestillt, denn: "Alles was synthetisch hergestellt wird, muss besser sein als die Natur!" Und in den naturnahen aber ordnungsliebenden 80ern gewährte frau nach festen Rhythmen die Brust: "Alle vier Stunden ist völlig ausreichend!" Heute hingegen ist - wie bereits mehrfach hier beschrieben - das Motto "Zurück zur Natur!"
Also empfiehlt die moderne Kleinkind-Pädagogik, dass gestillt wird, bis der Arzt kommt. Wann immer die kleinen Mäuse heutzutage Hunger haben, werden sie angelegt. Eigentlich nicht schlecht: So bekommen sie immer genug Nahrung und das Verb "Stillen" wird seinem Hauptwort "Stille" häufig paradiesisch gerecht.
Alles in Ordnung, könnte man meinen, wäre da nicht unsere kleine Raupe Nimmersatt: Denn kaum wurde die letzte Hauptmahlzeit verspeist, kräht sie auch schon nach dem Dessert, teilweise servieren wir (also eigentlich meine Frau) ganze Mehrgang-Menüs, die dann auch mal über eine Stunde Zeit in Anspruch nehmen können.
Rund acht Mal Stillen, im Schnitt 45 Minuten - es handelt sich dabei also durchaus um einen Vollzeit-Job - mit Überstunden, Schichtarbeit und manchmal auch Erschwerniszulage. Aber wir wollen uns natürlich nicht beschweren, sieht man von den kleinen Schwierigkeiten in der Öffentlichkeit oder den "Reibungsverlusten" an der empfindlichen Haut ab.
Trotzdem fragen wir uns, warum die kleine Frida sich den Bauch vollschlägt wie die Raupe Nimmersatt, wenn sie doch bereits ein so hübscher Schmetterling ist. Weiteres Grübeln ist angesagt.

(WT, 16.4.2010)

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