Montag, 31. Mai 2010

Die modernen Väter - ständig im Weg

Beim Thema Geburt und Vaterschaft ist in den vergangenen 20, 30 Jahren ja einiges in Fluss geraten. War es vor einigen Jahren eher unüblich, dass die Väter bei der Geburt dabei sind, so ist dies heute fast ein Muss, will man sich nicht dem Vorwurf der Rückschrittlichkeit aussetzen.
Hier soll es aber nicht um die Geburt selbst gehen - da kann sich der Erzeuger ja noch durch Händchenhalten, aufmunterndes Zureden, organisatorische Botendienste und die einfache Anwesenheit in diesen schwern Stunden wirklich nützlich machen.
Nein, ich spreche von den ersten Tagen der jungen Familie. Nach dem anfänglichen Schulterklopfen geht es für die Herren der Schöpfung eigentlich nur noch bergab. Zwar dürfen sie die ersten Tage im Krankenhaus am Bett der erschöpften Frau Wache halten, aber irgendwie stören sie auch ein bisschen.
Auf der Geburtsstation wird das "starke Geschlecht" von Tag zu Tag kleinlauter: Denn irgendwie ist man(n) ständig im Weg: Egal ob die Stillberaterin das Anlegen zeigt oder die Physiotherapeutin die ersten Rückbildungs-Übungen erklärt. Der strenge Satz ist immer der Gleiche: "So, der Papa kann jetzt mal das Kind halten, während wir hier beschäftigt sind."
Nichts gegen die wichtige Vater-Tochter-Zeit, aber ich rücke mit meinem Töchterchen auf den Armen auf meinem Stühlchen immer weiter zurück, während sich die anderen geschäftig an die Wochenbett-Arbeit machen. Man(n) ist geduldet, mehr nicht.
Noch schwieriger wird es, wenn die Krankenschwestern wissende Blicke mit meiner Frau austauschen, als es ums Stillen und den Verdauungstrakt der kleinen Frida geht. Und beim Wickeln werde ich schon gar nicht mehr gefragt, ich stelle mich mit meinen großen Fingern in der Tat auch nicht sehr geschickt an.
Ohne wehleidig wirken zu wollen fragt man(n) sich, ob denn den abendlichen Zechgelagen von früher eine neue Aufgabenbeschreibung für frisch gebackene Väter gefolgt ist. Die deprimierende Antwort: offenbar nicht. Und da es zuhause mit der Nachsorge-Hebamme genauso weitergeht (immerhin darf ich da den Haushalt machen, fühle mich also nicht ganz so überflüssig), überlege ich, ob ich nicht doch den Kurs "Männer unter sich - Vorbereitung auf die Vaterschaft" hätte belegen sollen. Mir scheint, das Leben hat noch weitere Überraschungen parat. Es bleibt spannend.

(Erschienen im Wiesbadener Tagblatt am 19.3.2010)

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